November 2015

Einen Möglichkeitsraum für Selbstwirksamkeit eröffnen

Hildegardis-Verein beschließt das zweite Projektjahr von „Lebensweg inklusive“

„Wer bin ich und wie will ich mein (Berufs-)Leben zukünftig gestalten?“ Für die Teilnehmenden der zweiten Projektrunde von „Lebensweg inklusive“ standen diese Fragen im Mittelpunkt ihrer Tandemzeit in den letzten 12 Monaten. Zum letzten Mal trafen sich die 20 Studentinnen, die für 1 Jahr ein Tandem bildeten, und ihre 20 Co-Mentor/innen am letzten Wochenende zum gemeinsamen Austausch in Bonn. Dabei waren sie sich darin einig: die Zeit miteinander hat Einblick in andere, bislang fremde, Lebenswirklichkeiten gewährt und neue Perspektiven aufgezeigt. Sie war von Vertrauen gesprägt, hat Neugier geweckt und Stereotypen aufgelöst.

Angeregt diskutierten und reflektierten die 40 Projektteilnehmenden auf der zweitägigen Abschlussveranstaltung im Rahmen verschiedener Workshops, Diskussionsrunden und Arbeitseinheiten das, was sie im zurück liegenden Projektjahr erlebt haben: die Besuche der studentischen Tandems bei ihren 2 Co-Mentor/innen, die Gespräche mit der Supervisorin, Dr. Annette Standop, die gemeinsamem Gruppentreffen in Bonn und natürlich die vielen Telefonate, Emails, Skype-Sitzungen und Facebook-Konversationen, die sich seit dem ersten Treffen der Teilnehmenden im November 2014 in Nürnberg ergeben haben. Für die meisten der Studentinnen und ihrer berufserfahrenen Begleiter und Begleiterinnen steht fest: auch in Zukunft wollen sie in Kontakt bleiben.

„Uns als Teilnehmenden wurde in dem Programm Eigenverantwortung zugetraut und zugemutet. Das ist in meinem Unialltag eine ungewohnte Erfahrung“, so eine Mentee des Programms.

Die vielfältigen biografischen Erfahrungen der Teilnehmenden sind nun die Grundlage für die Handlungsempfehlungen, die aus dem Projekt für eine gendergerechte, inklusive Hochschule abgeleitet werden, so Prof. Dr. Monika Treber, Vorsitzende des Projektbeirates und Co-Mentorin in der zweiten Runde. „Viele Vereinbarungen zur Barrierefreiheit wurden in der Hochschullandschaft schon mit Beschlüssen (u.a. zu einer „Hochschule für alle“) getroffen. In der Umsetzung liegt aber die besondere Herausforderung und hierzu kann das Projekt des Hildegardis-Vereins wichtige Hinweise liefern. Mit seinem spezifischen Ansatz, der partnerschaftlichen inklusiven Kooperation in Tandems, in denen je eine Studentin mit und eine Studentin ohne Behinderung ein Jahr lang zusammenarbeiteten, sowie der Begleitung durch zwei berufserfahrene Akademiker/innen war ein verbindlicher Rahmen vorgegeben. Den konnten die Teilnehmenden selbst füllen und sich als eigenverantwortlich handelnde Akteurinnen und Akteure erleben.“ Diese Erfahrung von Selbstwirksamkeit kann den Studierenden im weiteren Leben bei anstehenden Entscheidungen und Entwicklungs- und Veränderungsprozessen sich gute Dienste leisten.“

Im Rahmen der Tagung zollte die Schirmherrin des Projektes, Karin Nordmeyer, Vorsitzende des Nationalen Komitees Deutschland von UN Women, den Teilnehmenden große Anerkennung für ihr Engagement und wünschte ihnen Mut, Phantasie und Beharrlichkeit, um sich eigene Ziele zu setzen, und diese auch selbstbewusst anzugehen. Zusammen mit Petra Strack, der Leiterin der Personalabteilung von „Aktion Mensch“, ermutigte sie dazu, die eigenen Träume im Blick zu behalten, auch – oder gerade dann – wenn dabei Widerstände zu überwinden sind.

Der Hildegardis-Verein hat für die Lernerfahrungen der Beteiligten einen Raum eröffnet, in dem sich junge Menschen vergewissern konnten, wo ihre Stärken liegen und welche Ziele sie sich setzen wollen. Die Soziologinnen Prof. Dr. Mechthild Bereswill und Johanna Zühlke von der Universität Kassel stellten während des Seminars den Stand der wissenschaftlichen Evaluation des Projektes vor, die als projektbegleitende qualitative Langzeitstudie angelegt ist.