Januar 2015

Mut zur eigenen Identität lohnt sich

Inklusionstandems des Hildegardis-Vereins resümieren das erste Projektjahr von „Lebensweg inklusive“

Ein stiller Waldpfad, ein bunter Heissluftballon, der in den Himmel steigt, winzige Ameisen, die gemeinsam wertvolle Beute tragen. Das waren einige der Bilder, mit denen die Teilnehmer/innen der ersten Projektrunde von „Lebensweg inklusive“ am letzten Wochenende in Bonn ihre Gefühle und Hoffnungen nach einem Jahr des Zusammenwirkens beschrieben. Die 20 Studentinnen, die für 12 Monate ein Tandem bildeten, und ihre 20 Co-Mentor/innen waren sich dabei einig: die Zeit miteinander war bereichernd. Sie hat Einblick in andere, bislang fremde, Lebenswirklichkeiten gewährt und neue Perspektiven aufgezeigt. Sie hat Verständnis geschaffen, Neugier geweckt und Vorurteile bereinigt.
Die Stimmung auf der zweitägigen Abschlussveranstaltung war deshalb bestens. Angeregt diskutierten und reflektierten die 40 Projektteilnehmenden im Rahmen verschiedener Werkstätten, Diskussionsrunden und Arbeitseinheiten das, was sie im zurück liegenden Projektjahr erlebt haben: die Besuche der studentischen Teams bei ihren 2 Co-Mentor/innen, die Gespräche mit der Projektsupervisorin, Dr. Annette Standop, die gemeinsamem Gruppentreffen in Bonn und Berlin und natürlich die vielen Telefonate, Emails, Skype-Sitzungen und Facebook-Konversationen, die sich seit dem ersten Treffen im Januar 2014 in Bonn ergeben haben. Für die meisten der Studentinnen und ihrer berufserfahrenen Begleiter und Begleiterinnen steht fest: auch Zukunft werden sie in Kontakt bleiben, sich ebenso über Studium, Beruf und Lebensplanung austauschen wie über Alltägliches.

„Wir freuen uns sehr, denn die zurückliegenden Monate haben gezeigt: unser innovatives, biografieorientierte Mentoringkonzept ist ein wegweisender Erfolg," so auch Prof. Dr. Gisela Muschiol, Vorsitzende des Hildegardis-Vereins. Der neue Ansatz des Projektes legt den Schwerpunkt auf partnerschaftliche inklusive Kooperation in Tandems, in denen je eine Studentin mit und eine Studentin ohne Behinderung ein Jahr lang zusammenarbeiten, sowie die Begleitung durch zwei berufserfahrene Akademiker/innen: sie lernen deren Lebenswege in einem biografischen Interview kennen und erfahren, wie Barrieren überwunden und Ziele erfolgreich erreicht werden können. "Wir wollen mit dem Projekt möglichst vielfältige und bereichernde Lern- und Lebenserfahrungen durch den Umgang mit Differenz ermöglichen, und gleichzeitig aufzeigen, wodurch Gemeinsamkeiten entstehen, wenn man sich seiner Stärken bewusst wird und Erfolg individuell definiert", erklärt Muschiol. „Und das ist uns gelungen.

Im Rahmen der Tagung  zollte die Schirmherrin des Projektes, Karin Nordmeyer, Präsidentin des Nationalen Komitees Deutschland von UN Women, den Teilnehmenden höchste Anerkennung für ihren Lebensweg und wünschte ihnen Mut, Phantasie und Beharrlichkeit, um sich eigene Ziele zu setzen, und diese auch selbstbewusst anzugehen.

In einer praxisorientieren Präsentation zum Thema „Unconscious Bias“, also unbewussten Stereotypen, erläuterte Frau Dr. Eva Voß, Diversity-Managerin bei der Wirtschaftsprüfungesellschaft Ernst & Young den Anwesenden anschaulich, wie sehr unsere Wahrnehmung anderer Menschen von diesen unbewussten Vorannahmen geprägt wird. Sie ermutigte dazu, sich dieser Befangenheit bewusst zu machen, und im Arbeits- wie im privaten Alltag gelegentlich zu erproben, wie es ist, Phänomene mehr zu beobachten und weniger zu bewerten.

Prof. Dr. Mechthild Bereswill und Johanna Zühlke (Universität Kassel) stellten den Stand der wissenschaftlichen Begleitforschung des Projektes vor und debattierten mit den Teilnehmenden darüber, wie sowohl Hochschule als auch Arbeitsleben inklusiver gestaltet werden können.

"Ich bin stolz auf das, was wir in den letzten Monaten gelernt und geleistet haben", resümiert eine begeisterte Mentee nach Ende der Veranstaltung. "Und ich bin mir sicher: Die Kontakte und Beziehungen, die wir geknüpft haben, werden uns auch in Zukunft stärken und stützen!"